Der Beginn des Tönninger Schulwesens liegt im Dunkeln. Wahrscheinlich wurde die erste Schule zur Zeit der Reformation eingerichtet. Alle Schulen der Herzogtümer Schleswig und Holstein übernahmen weitgehend das Ziel, das Martin Luther gesetzt hatte, nämlich den Kindern durch Lesen und Schreiben den Zugang zur Heiligen Schrift zu ermöglichen. Das Schulaufsichtsorgan, das Schulkollegium, das damals aus Mitgliedern des Kirchenvorstandes und des Magistrats gebildet wurde, hatte sowohl die inneren als auch die äußeren Schulangelegenheiten zu überwachen. Der Leiter dieses Organs war der Schulinspektor, nämlich der Hauptpastor von St. Laurentius. Er prüfte regelmäßig durch Visitationen, ob das oben genannte Ziel des Unterrichts erreicht wurde und ließ es sich nicht nehmen, regelmäßig die Schule zu besuchen und an einzelnen Unterrichtsstunden teilzunehmen, um sich über Wissen und Können der Kinder zu informieren. Den Lehrkräften wurde vorgeschrieben, in welchen Fächern sie zu unterrichten hatten. In den Religionsstunden, die fast regelmäßig dabei waren, kam es natürlich auf eine umfangreiche Kenntnis des Katechismus an. Auch die Zahl der Lieder, die gelernt werden mussten, war genau vorgeschrieben. Bezeichnend ist, dass bis 1864 kein Lehrer an den Sitzungen des Schulkollegiums teilnehmen durfte. Erst dann bekam ein Lehrer Zutritt, allerdings noch ohne Stimmrecht.
Der weltliche Einfluss auf das Schulgeschehen wurde durch die Einstellung eines Rechenmeisters deutlich, der im 17. Jahrhundert seine Arbeit aufnahm und besonders in den Knabenklassen
wirkte. Während noch bis zum 18. Jahrhundert sich daran nichts wesentlich änderte, forderte die allgemeine Schulordnung von 1814 an erster Stelle den guten Staatsbürger und erst an zweiter
Stelle den rechtschaffenen Christen.
Seit der Zeit um 1810 liegen verlässliche Nachrichten über das Schulwesen der Stadt Tönning vor. Die öffentliche Stadtschule in Tönning bestand aus nur vier Hauptklassen. Die Anfängerklasse
wurde von Jungen und Mädchen des 7. bis 9. Lebensjahres besucht. Es schloss sich je eine Mädchen- und Knabenklasse an. Die Abschlussklasse war die sogenannte Rektorklasse.
Bis zum Jahre 1807 bestand auch noch eine Gelehrten-Schule. Diese Schule hatte besonders lernfähige und lernwillige Kinder aus der ganzen Landschaft Eiderstedt aufgenommen. Geschlossen wurde
sie wegen der großen Unruhe, die in den Hafenstädten durch die Verhängung der Kontinentalsperre durch Napoleon entstanden war; auch fürchtete man, dass Tönning evtl. ein ähnliches Schicksal
erleiden könnte wie Kopenhagen bei der Beschießung durch die Engländer in Jahre 1807.
Dass vier Klassenräume die gesamte Schülerschaft der Stadt Tönning aufnehmen konnten, darf uns nicht verwundern. Zwar bestand Ende des 18. Jahrhunderts Schulpflicht, aber diese wurde von
allen Seiten nicht besonders ernst genommen. Wenn Kinder in der Landwirtschaft mit Gänse-, Kühe- oder Schafehüten oder anderen Arbeiten beschäftigt waren, wurden sie großzügig vom Unterricht
befreit und brauchten im Sommer gar nicht oder nur an einem Nachmittag in der Woche die Schule zu besuchen. Im Winter verhinderten schlechtes Wetter oder fehlendes Schuhzeug den regelmäßigen
Schulbesuch. Fast wichtiger nahm man den Besuch des Konfirmandenunterrichtes, bzw. den regelmäßigen sonntäglichen Kirchgang. Auch die Einführung von Geldstrafen für Schulversäumnisse hinderte
einige Eltern nicht daran, ihre Kinder ein oder gar mehrere Jahre der Schule fernzuhalten.
Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts besserten sich die Schulverhältnisse etwas. Während 1857 schon in sieben Klassenräumen unterrichtet wurde, stieg die Zahl bis 1874 auf zehn und 1882 auf zwölf an.
Die Anfängerklasse der Knaben-Bürgerschule 1920. Obere Reihe, von links nach rechts: Klassenlehrer Kramer, Mittag, Clausen, Lorenzen, Schmitt, Gosch, W. Peters, Schumacher, Wolf, Schmüser, Gröpper, von Dohlen. Zweite Reihe: Rohde, Langschied, Andresen, Bielfeld, Krüger, Heuer, Schröder, Jürgens, Rasmussen, Hinrichs, Jacobs. Dritte Reihe: Buhmann, Sommer, Harder, Runge, Neumann, F. Carstens, Brede, Sammann, Rathmann, Böttcher. Unterste Reihe: A. Peters, Michaelis, Broders, Hansen, Kratschke, M. Karstens, Gripp, Mody, Lamp, K Peters, Donau, Starke.
1904 wurden die Knaben- und Mädchenschule auf je sechs Klassenstufen erweitert, dazu kamen die zwei Rektorklassen. Das Ansteigen der Klassenzahl war nicht allein auf zunehmende Schülerzahlen zurückzuführen, bedingt durch verbesserte hygienische Verhältnisse, sondern auch auf eine insgesamt schulfreundlichere Haltung der Bevölkerung. Fortschritte in der technischen Entwicklung erforderten qualifizierte Ausbildung in fast allen Berufen. Nebenher ging die Erkenntnis, dass einem Lernen in überfüllten, schlechgelüfteten, unzureichend geheizten Klassenräumen nur ein mäßiger Erfolg beschieden sein konnte. Um eine bessere Ausbildung zu erreichen, wurden in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sogar Fortbildungsschulen eingerichtet. In Tönning war eine solche Berufsschule dreizügig und wurde 1888 obligatorisch. In ihr unterrichteten Volksschullehrer und Handwerksmeister.
Lag die Klassenstärke von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Mitte noch zwischen 90 und 100 Schülern, sank sie bis zum Jahre 1920 auf durchschnittlich 40 bis 50 Kinder.
In der Nähe der Kirche lag ein Komplex, in dem die Rektorklassen und die Rechenmeisterklasse untergebracht waren. In einem zweiten Haus befanden sich die Mittelknabenklasse und die Oberelementarklasse, dazu die Wohnung eines Lehrers. Ein drittes Gebäude, das an der Ecke Norderstraße / Kattrepel lag, umfasste die obere Mädchenklasse, die Mittelklasse und eine weitere Lehrerwohnung. Daneben lag das sogenannte Schüttsche Haus an der Ecke Norderstraße / Ringstraße, das die Elementarklasse aufnahm.
Am Anfang des vorigen Jahrhunderts hatte ein Lehrer einen Ausbildungsgang wie ein Handwerker, d.h. er absolvierte bei einem erfahrenen Schulmeister Lehrjahre, die er mit einer Prüfung vor einer Kommission abschloss. Dann durfte er eigenverantwortlich Unterricht übernehmen und bewarb sich in der Regel um eine freigewordene Stelle. Am Ende des 19. Jahrhunderts übernahmen in Schleswig-Holstein Schulseminare die Ausbildung der Lehrkräfte. Von 1925 an werden Lehrkräfte an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten ausgebildet.
Das Kirchen- und Schulkollegium vertrat bis 1919 die Belange der Kirche und der Schule in der Öffentlichkeit, vor dem Magistrat und der Regierung. Gelegentlich musste sich dieses Kollegium
dem Druck der ihm übergeordneten Dienststellen beugen. So konnte man es im vorigen Jahrhundert nicht verhindern, dass Lehrer während der Dienstzeit und in ihrer Freizeit z.B. zu
Viehzählungen in der Stadt und im Kirchspiel Tönning eingesetzt wurden, was in der Schulchronik regelmäßig vermerkt wurde.
Über das Schulkollegium wurden auch Klagen der Lehrerschaft über die unerträglichen Zustände in der Schule an den Magistrat herangetragen. Die staatliche Schulinspektion, vor allen Dingen der
Kreisphysikus, mahnte das Schulkollegium und die Stadt Tönning am Ende des 18. Jahrhunderts immer häufiger und immer eindringlicher, den erbärmlichen Zustand des Schulgebäudes zu ändern. 1902
war es dann soweit: Es wurde auf einer Fenne, die bisher als Sportplatz benutzt worden war, ein neues ansehnliches Schulgebäude errichtet - und zwar für die Knaben - und am 12. Januar 1904 in
Betrieb genommen. Die Festreden hielten der amtierende Bürgermeister Ehrich und der Ortsschulinspektor Pastor Boie. Während Ehrich „der deutschen Einheitsschule" das Wort redete, durch die
„der Weg zum sozialen Frieden gebahnt werden könnte", forderte Boie „die christliche, deutsche Volksschule". Diese Kernaussagen der beiden Redner machen deutlich, dass die Stadtvertretung und
die geistliche Schulaufsicht verschiedene Ansichten über Organisation und Erziehungsziel des Schulwesens hatten. Dieses Spannungsfeld wurde im Jahre 1919 dadurch gemildert, dass die
geistliche Schulaufsicht endete und der Staat allein über die Schulaufsicht wachte. Doch die Gegensätze auf bildungspolitischer Ebene blieben.
Das imposante neue Schulgebäude enthielt die beiden Klassen der Rektorschule, sechs Klassenzimmer der Bürgerschule, ein Lehrer-, ein Lernmittelzimmer sowie einen großen Zeichensaal. Als
besonders fortschrittlich galt damals zu Recht die mit sämtlichen Geräten modern ausgestattete Turnhalle. Sie dient in modernisierter Form auch heute noch dem Schulsport und verschiedenen
hiesigen Sportvereinen.
Volksschule Tönning Klasse I 1924
1 Schott, Klassenl. 3 Deertz 6 Wowereit 7 Starke
8 Strohmeier 9 Jensen 10 Sievers 11 Methmann, A.
12 Elsner 14 Tewes 15 Ahrens 16 Holz
17 Johannsen 18 Passenheim 19 Köhler 21 Methmann, M.
22 Bonne/3 23 Schröder 24 Kratschke 26 Hense
27 Schlichting 28 Walter 29 Bibau 31 Gülck
32 Broders 33 Jürgens 35 Wichmann 36 Hass
37 Peters, Hedwig 38 Peters, Herta 39 Remmer 40 Feldhaus
41 Weise 42 Peters, Annem. 43 Samuelsen 44 Sievers, W.
45 Traub ausgelassene Nummern: Schülerinnen unbekannt
Im Jahre 1905 wurde in Tönning eine dreiklassige Höhere Mädchenschule gegründet, die aber im Jahre 1912 zusammen mit den Rektorklassen in der neuen Mittelschule für Knaben und Mädchen
aufging. Dadurch sank in der städtischen Bürger¬schule die Schülerzahl auf gut 500 Kinder ab, während sie noch in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts über 700 betrug.
Der Erste Weltkrieg ging nicht spurlos an der hiesigen Schule vorbei. Während man in den ersten Jahren noch die „herrlichen Siege und tapferen Truppen" feierte, wurde mit Dauer des Krieges
die allgemeine Not auch in der Schule immer spürbarer. So enthält die Chronik folgende Bemerkung: „Die Handarbeitslehrerin Fräulein Tingleff stand dem Handarbeitsunterricht ratlos gegenüber,
da keine Nähstoffe mehr zu erlangen waren. Auch das Ausbessern der Kleider wurde immer schwieriger, da es an Garn, Wolle etc. fehlte. An die Stelle des Handarbeitsunterrichts trat
infolgedessen hin und wieder der Turnunterricht." Der Unterricht musste infolge Kohlenmangels für im¬mer längere Zeit unterbrochen werden. Im Jahre 1918 war vom Monat Februar bis in den April
hinein überhaupt kein ordentlicher Unterricht mehr durchzuführen. Trotzdem wurde noch Ende 1918 von den Kindern fleißig Alt-Material gesammelt: 3.070 Pfd. Knochen, 110 1/2 Pfd.
Weißdornfrüchte, 178 Pfd. Kastanien, 3.452 Pfd. Altmetall, 5 Pfd. Pflaumensteine und 320 g Haare.
Auch die nächsten Jahre bis 1924 waren durch häufigen Schul¬ausfall infolge Mangels an Brennstoffen gekennzeichnet. Nach Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht, aber auch schon in den
Jahrzehnten davor, wuchs das Interesse an den sogenannten Realfächern. Nach 1920 nahmen sie in den Stundenplänen der einzelnen Klassen einen immer größeren Raum ein, dazu auch die musischen
Fächer, während der Religionsunterricht von ursprünglich sechs in der Woche auf zwei Stunden zurückgeschraubt wurde.
Während im vorigen Jahrhundert noch ein strenger methodischer Formalismus den Unterricht beherrschte, gewann am Anfang des 20. Jahrhunderts, vor allem seit den zwanziger Jahren, die
Kinderpsychologie und damit auch die Arbeitsschule einen immer größeren Einfluss. Man bemühte sich, einen kindgemäßen Unterricht zu gestalten und das Weltgeschehen in den Unterricht mit
einfließen, die Kinder selbsttätig arbeiten zu lassen. Das erforderte natürlich aktuelle Lehrmittel und moderne Mediengeräte. Auf dem Stundenplan standen nun auch die Fächer Physik, Chemie
und Biologie.
Nach dem ersten Weltkrieg erschien eine Fülle von neuen Verordnungen und Verfügungen, die aber in der Turbulenz der Zeit sich manchmal widersprachen, aufgehoben, geändert wurden und in den
Schulen oft Verwirrung stifteten. Neu war für das Schulleben die Einrichtung eines Elternbeirates. Es wurden in Tönning zwei Listen aufgestellt, eine parteilose und eine Liste der USPD. Von
den 531 Wahlberechtigten wählten nur 177; davon entfielen 47 Stimmen auf die Parteilosen und 130 Stimmen auf die Liste der USPD. Dieses Ergebnis spiegelte recht deutlich die damaligen
politischen Kräfteverhältnisse in Tönning wider.
Doch blieb der Einfluss der Politik auf das Schulgeschehen in Tönning begrenzt. Die große Zahl der nationalen Feiertage, die vor dem Krieg jährlich begannen wurden, z.B. Kaisers Geburtstag,
Sedanfeier usw. ging zurück. Es blieben nur der Reformationstag und später der 1. Mai, wobei es Lehrkräften und Schülern freigestellt wurde, diesen als Feiertag zu begehen. Das Ende der
Weimarer Republik wurde in der Schule kaum vermerkt; bis zum Jahre 1933 haben die Lehrkräfte dem demokratischen Staat offensichtlich loyal gedient.
Die Tolerierung der dänischen Minderheit durch die Regierung gab Verfolgten nach 1933 die Möglichkeit, sich in ihren Schutz zu begehen. Es wurde ihr möglich, im Jahre 1935 eine eigene
Privatschule zu errichten - und zwar die Bürgerschule gegenüber der Yurian-Ovens-Straße. In der folgenden Zeit kam es von deutscher Seite immer wieder zu häßlichen Attacken. Ein ehemaliger
Schüler der Bürgerschule berichtete: „In den Musikstunden mussten wir die Fenster aufreißen, und dann wurden die alten Kampflieder der Abstimmungszeit nicht gesungen, sondern gegrölt."
1938 wurden an einem Flügel des Schulgebäudes vier weitere Klassen angebaut und eine Schulküche im Keller eingerichtet.
Knabenklasse VII (1. Schuljahr) von 1927
Klassenlehrer Martin Boysen, Hans Peters, Werner Hinrichs, Walter Koch, Otto Remmer, Emil Runge, Hans-Emil Jensen, Karl-Heinz Schröder, Gerhard Ovens, Hans-Adolf Jensen, Kurt Hansen, Willi Kahl, Hans Hansen, Ernst-Heinrich Sieverts, Helmuth Franck, Karl Heinrich Rosenzweig, Johann Methmann, Erich Wagner, Willi Leve, Ernst Thomsen, Hans Madsen, Heinrich Möller, Andreas Hansen, Heinz Wulff, Heinz-Jürgen Frey, Heinz Clemens, Hans Thoms, Gustav Schmidt, Erwin Mölck, Karl Klindt, Peter Hansen, Hans Krakow
Er wurde auch so verstärkt, dass er zu Luftschutzzwecken dienen konnte. Von nun an gingen alle Mädchen und Jungen in die sogenannte „Bürgerschule"; das alte Schulgebäude an der Ringstraße
wurde stillgelegt.
Als im Jahre 1939 der Krieg ausbrach, gab es ähnliche Erscheinungen wie im Ersten Weltkrieg. Die jungen Lehrer, später auch die älteren, wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Der Unterricht
wurde eingeschränkt, die Schulküche vom DRK übernommen; die Turnhalle war zeitweilig Kriegsgefangenenlager.
Nach dem Zusammenbruch des Nazireiches wurde die Schule zwar schon im Herbst 1945 wieder in Betrieb genommen, der Unterricht fand aber wegen fehlender Lehrkräfte und Kohlenmangels nur
sporadisch statt. Am 1. Oktober 1946 unterrichteten zehn Lehrkräfte, davon vier Laienkräfte, 600 Schüler. 376 von ihnen waren Kinder von Vertriebenen und Flüchtlingen. Die niedrige Zahl an
einheimischen Kindern erklärte sich aus dem Abgang zur dänischen Privatschule. 1947 waren es sogar nur noch sieben Lehrkräfte, die 710 Kinder unterrichteten. In den Wintermonaten fiel der
Unterricht regelmäßig wegen Kohlenmangels aus. Erst im Jahre 1949 normalisierten sich die Verhältnisse. Ostern 1949 wurden 36 Kinder entlassen, dafür aber 120 Schulanfänger aufgenommen.
Dadurch stieg die Schülerzahl auf fast 800, die in 21 Klassen im Schichtunterricht versorgt wurden. Die hohe Zahl der Schüler entstand nicht nur aus dem weiteren Zuzug von Flüchtlingskindern,
sondern auch aus einer gewissen Rückwanderung aus der dänischen Schule.
Zwar sank in den nächsten Jahren die Schülerzahl; trotzdem sah sich die Stadt Tönning veranlasst, im Jahre 1962 auf dem Grundstück der Schule einen Anbau mit sechs neuen Klassenräumen, einem
Physik- und einem Werkraum zu schaffen. In diese Räume zog auch die 1966 selbstständig gewordene Sonderschule ein. Da weiterhin Raumbedarf bestand, entstanden in den siebziger Jahren
nacheinander vier Pavillonklassen. Anfang der siebziger Jahre wurde in der damaligen Schuleuphorie ein Schulzentrum bei der heutigen Realschule geplant, das insgesamt 36 Klassen und den dazu
erforderlichen Fachraum umfassen sollte. Der Rückgang der Schülerzahlen bewirkte jedoch, dass es beim Anbau von vier Hauptschulklassen mit zwei Fachräumen bei der Realschule und der
Errichtung des Sportzentrums blieb, bestehend aus der Sporthalle und dem Stadion. Die vier Klassen wurden in den folgenden Jahren der Realschule überlassen, und die Hauptschule zog sich
wieder mit allen Klassen zum Hochsteg zurück.
Seit Beginn der achtziger Jahre wurden im verstärktem Maße auch behinderte Kinder in die Grund- und Hauptschule integriert. Der letzte Schritt in diese Richtung war die Aufnahme von blinden
Kindern seit 1987 in die Grundschule. Im Jahre 1986 wurde in einem Klassenraum des Pavillons ein Schulkindergarten eingerichtet, in dem schulpflichtige, aber noch nicht schulreife Kinder auf
die Einschulung vorbereitet werden. Bis zu 16 Kindern haben in ihm Platz. Die erforderlichen Umbauten und Einrichtungen sowie die Beschaffung von entsprechenden Lehrmitteln wurden von der
Stadt Tönning großzügig bewerkstelligt.
Dieser sinnvollen Einrichtung war jedoch kein langes Leben beschieden, da im Zuge der Integrationspolitik die Zurückstellung von Kindern immer mehr zurück ging. Alle Schüler/innen wurden
jetzt in die zweijährige Eingangsstufe aufgenommen. In den achtziger Jahren zog die Schulküche aus dem Keller in den Gebäudeteil an der Martje-Flohrs-Straße um. 14 Kochplätze, ein
Unterrichts- und ein Nebenraum ermöglichten den Schüler/innen ab der 7. Klasse einen zeitgemäßen Kochunterricht. Der Werkraum wurde in einen der beiden Pavillons ausgelagert. Anfang der
neunziger Jahre wurde die Turnhalle renoviert und erhielt so ein freundlicheres Aussehen. Dies än-
1927 4. Schuljahr
1 Frl. Nissen 3 Mölck 4 Karla Wulff 6 Hertha Bein
8 Ilse Martinsen 9 Bringfriede Hans 10 Elfriede Petersen 11 llse Spangenberg
12 Käthe Peters 14 Marga Holbeck 15 Else Dölz 16 Martha Ingwersen
18 Lieselotte Peters 19 Erna Wiebling 20 Ilse Appenfeller 21 Bruno Asmus
23 H. H Sievers 24 Peter Wiebling 25 Jens Lorenzen 26 Jensen?
28 Alfred Pohlmann 29 Erich Asmus 30 Werner Broders 33 Claus Peters
34 Peter Behrendsen 35 Jannsen 36 Thies Henningsen 37 Hans Peters
38 Heinrich Jannsen 39 Willi Petersen 40 Wilhelm Remmer 41 Willi Wagner
42 Werner Martens 43 Hans Kelberlau 44 Heinz-W. Steimle 45 Heini Peters
46 Fritz Wehrhahn 48 Willi Kohrts
derte jedoch nichts an der Tatsache, dass ihre Kapazität schon lange nicht mehr dem Bedarf der beiden Schulen am Hochsteg entsprach. So muss weiterhin ein großer Teil des Sportunterrichts in
den beiden letzten Schulstunden in der Stadthalle sowie der Sporthalle am Rieper Weg stattfinden. Da dieser Unterricht an die Buszeiten gebunden ist, kann er nur als Doppelstunde angeboten
werden.
Im gleichen Zeitraum wurde der Physiksaal neu gestaltet, so dass er nun den Anforderungen eines modernen naturwissenschaftlichen Unterrichts entsprach. Auch ein Raum für den Textilunterricht
konnte eingerichtet werden. Dies wurde möglich, nachdem der Hausmeister Freund in den Ruhestand ging und seine Wohnung von dem Nachfolger nicht benötigt wurde, da er in ummittelbarer Nähe der
Schule wohnte. Diese Investitionen in den Standort zeigten, dass sich die Stadt von dem Plan der Schaffung eines Schulzentrums verabschiedet hatte. Die Schulentwicklungsplanung lieferte
hierfür die Daten. Die Schülerzahlen stiegen wieder an, bis auf 400 an der Grund- und Hauptschule, die nun den Namen „Schule am Ostertor" trug, die Realschule wurde durchgängig zweizügig,
wodurch ihr Bestand gesichert war. Die Schülerzahlen wurden für die Schulen des Landes immer wichtiger, da an sie die Unterrichtsstunden und damit die Planstellen für Lehrkräfte gekoppelt
waren: In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts verloren viele Orte ihre Schulen, so auch Kating und Kotzenbüll, zuletzt kamen die Kinder des Hauptschulteils der Oldensworter Schule
nach Tönning. Die Finanznot der öffentlichen Haushalte erforderte dies; auf der anderen Seite standen längere Schulwege, höhere Beförderungskosten und ein Verlust an Qualität für die, von der
Schließung betroffenen, Kommunen.
Eine wesentliche inhaltliche Veränderung erfuhren die Schulen durch neue Anforderungen, die von Teilen der Elternschaft an die Institution Schule gestellt wurden. Der Anteil jener Eltern, die
beide berufstätig waren oder wo nur ein Elternteil die Kinder aufzog stieg beständig an.
Schule sollte nun nicht mehr nur Lehrstoff vermitteln und erziehen sondern auch die Kinder betreuen. Im Lande entstanden immer mehr Ganztagsschulen, zumeist als Gesamtschulen. Da, wo dies
nicht möglich war, entwickelten sich Betreuungskonzepte für verlässliche Grundschulzeiten, so auch an der Schule am Ostertor. Die frühere Schulküche im Keller wurde von Eltern und Freunden
der Schule in einer Initiative des Fördervereins für den neuen Nutzungszweck umgebaut. Hierbei erwarb sich insbesondere H. U. Jensen große Verdienste. Für die Betreuung wurden Erzieherinnen
oder Frauen mit ähnlicher Qualifikation eingestellt, die mit den Kindern in den Randzeiten des Vormittags spielten oder ihnen bei den Hausaufgaben halfen. Eltern, die dieses Angebot nutzen,
zahlten einen finanziellen Beitrag, der Rest der Kosten wurde durch öffentliche Gelder bereit gestellt. Auch Nachmittagsangebote wie Kochen, Musik oder Basteln konnten in den letzten Jahren
für die Kinder vorgehalten werden. Raumprobleme führten dazu, dass 1998 die Schule zu einem weiteren Anbau kam: 5 Klassenräume für die Eingangsstufe, moderne sanitäre Anlagen, Räume für
Hausmeister und Konrektor, ein - sehr kleiner - Raum für den Computerunterricht und ein Spielplatz für die Grundschüler kamen hinzu. Ein finanzieller Kraftakt für die Stadt Tönning. Die
Schule schuldet hierfür ihrem ehemaligen Bürgermeister G. Bittner und der Stadtvertretung großen Dank.
Als Folge dieser Baumaßnahme konnte die Förderschule einen Unterrichtsraum aus dem Bestand der Grund- und Hauptschule erhalten, ein Raum an die AWO in ihrem Gebäude zurückgegeben und ein
Pavillon mit zwei Klassenräumen abgerissen werden. Der verbliebene Pavillon wurde so umgestaltet, dass für den Werkunterricht nun beide Klassenräume zur Verfügung standen.
Mädchenklasse V (3. Schuljahr) von 1934
1 Klassenlehrerin Elsa Götze
4 Erna Madsen 5 Ursula Nielsen 2 Emma Axen 3 Anneliese Holm
8 Elfriede Krakow 9 M. Christensen 6 Helga Hinrichs 7 Waltraut Holz
12 H. Korschewski 13 Irma Wartens 10 Liddy Martin 11 E. Johannsen
16 Irene Hagge 17 Lotte Jensen 14 Else Themann 15 Gretchen Mumm
20 Elfriede Bibau 21 E. Appenfeller 18 Paula Meß 19 Helga Krohn
24. M. Sönnichsert 25 Grete Löwe 22 Gisela Sönnichsen 23 Marga Bruhn
28 Kriemh Schmidt 29 Agnes Hohn 26 Vera Carstens 27 A. C. Peters
32 Anneliese Lau 33 Emmi Carl 30 Olga Bastian 31 Erna Hennings
36 Käthe Kruse 37 Else Harms 34 Annegrete Baum 35 Gisela Henrich
Wie alle Schulen, gab sich auch die Tönninger Grund- und Hauptschule 1999 ein Schulprogramm, dessen Vorwort in dieser Schrift abgedruckt ist. Hierin wird deutlich, wie vielfältig das Angebot an modernen Schulen ist. Neben dem Pflichtprogramm prägen AGs, Wahlpflichtunterricht, Praktika, Fremdesprachenbegegnung in der Grundschule, Berufsvorbereitung und mehr das Leben an den Schulen des Landes und eben auch in Tönning. Die Zukunft der Schule wird wesentlich von politischen Entscheidungen des Landes und von der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt und ihres Umlandes und der damit verbundenen Entwicklung der Einwohnerzahl beeinflusst werden. Bei internationalen Leistungsvergleichen der Schulen hatten die Grundschulen zwar recht gut abgeschnitten, bei den weiterführenden Schularten (Gymnasium, Realschule und Hauptschule) wurden jedoch sehr deutliche Mängel unseres Bildungssystems offensichtlich. Die in Deutschland übliche frühe Trennung der Schüler/innen erwies sich als nachteilig. Auch wurde deutlich, dass immer noch zu wenig für die Unterstützung und Integration benachteiligter Gruppen und ihrer Kinder getan wird.
Im Februar 2005 errangen bei der Landtagswahl die CDU und die SPD fast gleich viele Mandate. Da tragfähige Bündnisse mit den kleineren Fraktionen nicht zustande kamen, erzwangen die Wähler quasi eine große Koalition. Gut war daran, dass die beiden großen Parteien mit ihrem Regierungsprogramm die jahrzehntelangen ideologischen Auseinandersetzungen über die Schulpolitik beendeten und ein gemeinsames Konzept für die zukünftige Gestaltung der Schullandschaft entwickelten. Dies sah die Zusammenfassung von Haupt- und Realschulen zu Regional-/Gemeinschaftsschulen vor. Leider fehlte aber der Politik weiterhin der Mut, auch die Gymnasien mit einzubeziehen. Schulträger sollten Regionalschulen einrichten, in denen die Kinder in Klasse 5 und 6 weiter gemeinsam unterrichtet werden sollten, oder Gemeinschaftsschulen, die das Prinzip des gemeinsamen Unterrichts bis zum Schulabschluss beibehalten sollten. Tönning entschied sich für eine Gemeinschaftsschule, die an der Badallee die alte Realschule ersetzte und einen Anbau für 11 Millionen Euro erhielt. Die Schule am Ostertor verlor Jahr für Jahr einen Hauptschuljahrgang und war ab dem Schuljahr 2009/10 reine Grundschule.
Allerdings erhielt sie noch die Förderklassen und das Förderzentrum hinzu und ab August 2010 die Grundschule Oldenswort als Außenstelle. Mit diesen Entscheidungen verbesserte sich das Raumangebot ganz wesentlich und auch inhaltlich passte sich die Schule neueren pädagogischen Erkenntnissen an und reformierte z.B. die Eingangsstufe, indem sie für die Klassen 1 und 2 jahrgangsübergreifenden Unterricht einführte. Ab November2009 erhielt die Schule den Status einer „Offenen Ganztagsschule", die von Dienstag bis Donnerstag bis 15 Uhr die Kinder betreut. Geboten werden ein gemeinsames Mittagessen, Haus-aufgabenbetreuung und Freizeitangebote (Sport, Spiel, Kochen und Musik).
(E. Clausen / H.-J. Sörensen)